Schon als kleines Mädchen erzählte ich gerne Geschichten; wahre Begebenheiten, ausgeschmückte Erlebnisse und erfundene Abenteuer. Heute würde man dies als ‹story-telling› bezeichnen; früher sagte man mir, ich hätte einfach eine blühende Fantasie.
Sobald ich schreiben konnte, fing ich an, meine Geschichten auf Papier festzuhalten. Zuerst von Hand, dann mit der alten Schreibmaschine meiner Mutter, später mit der berühmten IBM-Kugelkopfmaschine und heute mit dem Laptop. Ich mochte es, Aufsätze zu schreiben, am liebsten war mir, wenn der Lehrer ein bestimmtes Thema vorgab, das mich herausforderte. An ein Thema erinnere ich mich noch heute gut: Wir sollten einem afrikanischen Kind erklären, was Schnee ist. Ich war sehr stolz, als mein Aufsatz zu diesem Thema während des Besuchs eines Schulinspektors in unserer Klasse vorgelesen wurde. Er meinte, ich würde sicher Schriftstellerin werden… Mein erster Artikel mit dem Titel ‹Wenn die Welt spinnt…› erschien in der damaligen ‹National Zeitung›, als ich fünfzehn Jahre alt war. Meine Mutter hatte den Text ohne mein Wissen an die Redaktion geschickt; als Honorar erhielt ich achtzig Franken, das war mehr als mein monatliches Taschengeld.
Nach meiner kaufmännischen Ausbildung und der Weiterbildung als Werbeassistentin und Kommunikationsleiterin arbeitete ich in verschiedenen Werbeagenturen, wo ich schon bald als Texterin eingesetzt wurde. Es gab kein Thema, das mich langweilte oder über das ich nicht schreiben wollte; ich las mich in die Produktion von Holzfenstern und Schallschutztüren ein, erweiterte mein Wissen über Orientteppiche und schrieb Kurzgedichte für die Inserate eines Zoofachgeschäfts. Später kamen medizinische Texte über Antibiotika, Vitamine oder Akneprodukte hinzu, und in der Zeitschrift ‹Sonnseitig Leben› berichtete ich über die Anwendung von Wickeln, die Wirkung von Grapefruit-Kernen (nun ja, der Verleger hatte das Thema vorgegeben), über Kinderpsychologie, die Heilkraft von Edelsteinen (Sie ahnen es, wieder der Verleger) oder die ‹Arthritis-Lüge› (nein, diese Idee war von mir).
Noch heute bin ich ein ‹Wunderfitz› (alemannisch für eine Neugierige). Früher hatte ich den Wecker meines Vaters auseinandergenommen, um herauszufinden, woher das Ticktack kam; heute möchte ich wissen, wie Menschen ‹ticken›, weshalb sie tun, was sie tun. Eine Möglichkeit dazu bietet mir die Form des Interviews: Im Jahr 2022 hatte ich die ausserordentliche Gelegenheit, mit 81 Köchinnen und Köchen Interviews zu führen. 81 Menschen haben mir erzählt, wieso sie diesen Beruf gewählt haben, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben, welches die positiven und negativen Aspekte sind. Ich führte Gespräche mit Hamburger-Grillern und Sterneköchinnen, mit Restaurantbesitzerinnen und Hotelköchen in der ganzen Schweiz. (‹Eine Prise Leidenschaft›) Das schönste Kompliment für mich war, wenn jemand zuerst nur zögernd auf ein Interview einging, mit verschränkten Armen da sass und nach zwei Stunden erstaunt bemerkte: «Was, ist es schon so spät?! Jetzt habe ich Ihnen aber viel erzählt.»
In meiner Kolumne ‹A propos…›, die ich während 25 Jahren in der Zeitschrift ‹BwieBasel› publizierte, schilderte ich in lockerem Ton meine Erlebnisse, Gedanken und Erfahrungen. Die zahlreichen Reaktionen der Abonnentinnen und Abonnenten zeigte mir, dass viele diese Lektüre anregend oder bereichernd fanden und sich häufig dabei amüsierten.
Mein Wunderfitz erstreckt sich nicht nur über aktuelle Geschehnisse oder solche in der Zukunft (Werden wir eines Tages unser Gehirn ins Internet hochladen und sozusagen weiterleben können?), sondern sehr stark auch auf das Thema Geschichte. Ich bin also nicht nur ein Wunderfitz, sondern auch eine Barfuss-Historikerin. In der besagten Zeitschrift ‹BwieBasel› schrieb ich in über 200 Ausgaben jeweils einen Geschichts-Artikel zu einem bestimmten Thema. Auch hier war der Bogen sehr weit gespannt: da gab es die Lebensgeschichte von bekannten Persönlichkeiten und Künstlern wie Leonhard Euler, Hans-Rudolf Wettstein, die Familien Bernoulli und Plattner, Hans Holbein, Melchior Berri, Jean Tinguely oder Arnold Böcklin. Baustile wie Gotik, Jugendstil, Barock und Romanik, Tiere wie Wolf, Ochse, Bär, Hase, Löwe, Pferd, Taube, Hund und Katze, Bäume, Flüsse, Einzelbauten, Quartiere oder spezielle Themen wie ‹Blau›, ‹Hüte›, ‹Hammer› oder ‹Pfeil›. Zusätzlich zum Geschichtsartikel führte ich jeweils Interviews mit zum Hauptthema passenden Personen durch oder begleitete – zusammen mit dem Fotografen – Fachleute in Form einer Reportage.
Ich freue mich stets, wenn mir jemand ein Thema ‹hinwirft› und mich bittet, darüber etwas zu schreiben. Schon während des Gesprächs überlege ich mir, wo ich über dieses Thema recherchieren, wen ich befragen könnte, welches das geeignete Bildmaterial wäre und – seit kurzer Zeit – welches die geeignete Darstellungsform wäre: ein geschriebener Text, ein Podcast, ein Film? Ein Buch, eine Webseite, ein Beitrag auf einem Social-Media-Kanal? Je älter ich werde, desto vielfältiger werden die Möglichkeiten!
Versuchen Sie es, geben Sie mir ein Thema vor, und ich lege los…
PS. Zurzeit schreibe ich an einer 800-seitigen Fantasy-Geschichte. Aber das ist mein eigenes Thema.
PPS. Die grösste Herausforderung für mich? Kurze Texte zu schreiben – quod erat demonstrandum…
Geboren und aufgewachsen bin ich in Basel, genauer im Kleinbasel. Nebst dem Schreiben liebte ich Pferde und verbrachte praktisch meine gesamte Freizeit mit Pferdestriegeln, Heunetze stopfen, Wasserkessel herumtragen, Sättel und Zaumzeug putzen und reiten (mit den erstgenannten Tätigkeiten verdiente ich mir die letztgenannte). Mit 18 Jahren zog ich nach Lausanne, wo ich zwei ‹Sturm- und Drangjahre› verbrachte, bis ich wieder nach Basel zurückkam und vernünftig wurde (naja). Mit meinem ehemaligen Partner pendelte ich fast zwanzig Jahre lang vom Süden Frankreichs nach Basel, bis es uns 2017 wieder definitiv ins Kleinbasel zurück zog. Meine Hobbies? Lesen, schreiben, Musik (aktiv und passiv), TaiChi und Kinobesuche.
Für Hobby-Astrologen: ich bin im Zeichen des Krebses geboren (Aszendent Stier)